KJA-Praxishilfe-5_SexuelleBildung_Kachel-07

DAS THEMA

Sprachfähigkeit ist die besondere Veranlagung des Menschen, eine Sprache erlernen, zu beherrschen und verwenden zu können (wortbedeutung.info). Die Einübung der sprachlichen und kommunikativen Kompetenz ist eine Grundaufgabe der Jugendarbeit. In diesem Kontext geht es vor allem darum, einen angemessenen Wortschatz zu beherrschen, um sexuelle und religiöse Dimensionen in der Jugendarbeit besprechen zu können.

»Kommunikation (von lat.: communicatio = Mitteilung) ist der Austausch oder die Übertragung von Informationen, die auf verschiedene Arten (verbal, nonverbal und paraverbal) und auf verschiedenen Wegen (Sprechen, Schreiben) stattfinden kann« (wikipedia.org)

PÄDAGOGISCHER AUFTRAG

Kommunikation in der sexuellen Bildung gelingt durch eine achtsame, dialogische Verständigung auf Augenhöhe. Vertrauen und intensives Zuhören bilden die Grundlage, um daraufhin einen dialogischen Prozess mit Jugendlichen in angemessener Sprache zu initiieren. So kann eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung im sozialpädagogischen Alltag entstehen. Der professionelle Umgang mit Sexualität und sexualisierter Gewalt in diesem Arbeitsbereich ist für eine angemessene Begleitung von Kindern und Jugendlichen in ihrer Entwicklung unverzichtbar (vgl. Torsten Linke, Sexuelle Bildung in der Kinder- und Jugendhilfe: Die Bedeutung von Vertrauenskonzepten Jugendlicher für das Sprechen über Sexualität in pädagogischen Kontexten, 2020). Er ist zudem die Basis für zuverlässige Prävention.

Wenn Sexualität für Kinder unaussprechlich ist, können sie sich auch bei sexuellen Übergriffen niemandem anvertrauen. Eine sexualitätsbejahende und körperfreundliche pädagogische Arbeit braucht die Kommunikation und Zusammenarbeit des gesamten Teams. Oft findet jedoch keine Kommunikation zu sexualpädagogischen Themen im Team statt. Häufig prägen bei dieser Thematik Angst, Vorsicht, Rücksichtnahme und Unsicherheit das Gesprächsklima.

Ein Gespräch über diese Fragen im Team bedeutet nicht, dass alle die gleichen Vorstellungen haben müssen oder Meinungen aufgezwungen werden. Wichtig ist die Bereitschaft, sich mit Fragen der Sexualität auseinanderzusetzen. Es geht um den Austausch von Erfahrungen aus dem Alltag, um mehr Klarheit über die eigene Einstellung und die der anderen sowie über die bisherige Praxis zu gewinnen. Eine gelungene und wertschätzende Auseinandersetzung kann dazu führen, dass das Team zu einem Ort wird, an dem eigene Hemmungen und Barrieren im Umgang mit Sexualität zur Sprache kommen. Weiterhin wirkt eine solche Auseinandersetzung auf die Teammitglieder entlastend und schafft Sicherheit im sexualpädagogischen Alltag.

WAS DER KIRCHE WICHTIG IST

Kirchliche Jugendarbeit pflegt einen dialogischen Umgang mit Jugendlichen in angemessener Sprache. Jugendarbeit geschieht in sozialer Kommunikation und Interaktion. Da Kinder und Jugendliche geschlechtliche Wesen sind, ist eine geschlechtliche Prägung in sozialen Beziehungen präsent. Auf der sprachlichen Ebene kann die kirchliche Jugendarbeit eine Sprache und Verständnishilfe bieten für allgemeine Fragen in Bezug auf Sexualität. Die Vermittlung des positiven Werts der Sexualität sollte im Vordergrund stehen.

Dazu gehört auch ein verantwortungsvoller Umgang mit der eigenen Sexualität, Respekt vor dem anderen, Vertrauen und Beziehungsfähigkeit. Die Kommunikation sollte auf kindliche Neugierde, Fragen und Unsicherheiten eine Antwort haben.

Für Heranwachsende bedeutet das Gespräch mit Erwachsenen über Sexualität nicht nur möglichen Informationsgewinn und die Chance, eigene Werte zu reflektieren und sie mit Botschaften reflektiert abzugleichen – sie erleben dabei gleichzeitig Chancen und Grenzen eigener sexueller Sprachfähigkeit. In einem solchen Gespräch besteht für die Mitarbeitenden der Jugendpastoral die Möglichkeit, die kirchlichen Werte zu integrieren. Herausfordernd in diesem Kommunikationsprozess ist dabei, mit der traditionellen religiösen Semantik eine Anschlussfähigkeit zur Sprache der Jugend zu finden.

FÜR DIE PRAXIS

Kinder stellen neugierig sehr direkte Fragen und Erwachsene wollen sie angemessen aufgeklärt sehen. Die Kommunikation mit Jugendlichen unterschiedlichen Alters und Geschlechts sollte behutsam gelingen. Obwohl in den Medien sexuelle Darstellungen und Beschreibungen aller Art scheinbar selbstverständlich präsentiert werden, berührt das Sprechen über Sexuelles bei beratenden Pädagoginnen und Pädagogen und bei Kindern und Jugendlichen doch immer wieder Grenzen von Intimität und Scham. Schamgefühl und Intimität der Kinder und Jugendlichen müssen dabei jederzeit respektiert werden, genauso wie Erzieherinnen und Erzieher ihre eigenen Grenzen kennen müssen. Das Schamgefühl ist ein wichtiger natürlicher Schutz für Mädchen und Jungen vor sexuellen Übergriffen und signalisiert ihnen, wann Grenzen verletzt werden. Kindern und Jugendlichen darf keinesfalls ihr Recht genommen werden, ihre eigenen Erfahrungen ihrer individuellen Entwicklung entsprechend zu machen.

Folgende Impulse könnten für ein Gespräch hilfreich sein:

  • Welche Wortwahl ist angemessen?
  • Wie erklären wir verständlich und taktvoll gleichermaßen?
  • Wie gehen wir mit Gefühlen von Peinlichkeit um?
  • Kann ich über das Thema Sexualität offen reden?
  • Worüber möchte ich mit den Kindern und Jugendlichen nicht reden?
  • Welchen Einfluss haben meine Einstellungen zum Thema Sexualität auf meine Arbeit mit den Kindern?
  • Welche Fragen von Kindern zum Thema Sexualität sind schwierig zu beantworten?

Es ist notwendig, einen persönlichen und fachgerechten Stil im kommunikativen Umgang mit intimen Themen zu entwickeln:

  • Wie sachlich und wie persönlich antworte ich auf Fragen?
  • Wie vermeide ich Beschämung und Anbiederung?

Die Auseinandersetzung über den adäquaten Umgang mit kindlicher Sexualität und die Erarbeitung einer gemeinsamen Haltung stärkt das gesamte Team nach innen und nach außen. Um zum Thema Sexualität mit Kindern und Jugendlichen gut in Kontakt kommen und den Anliegen der jeweiligen Zielgruppe gerecht werden zu können, bedarf es der Auffrischung von Sachkenntnissen, der Klärung der eigenen Haltung zum Thema sowie der reflektierten Übung
des Sprechens von und über Sexualität mit jungen Menschen.

Die Vermittlung des positiven Werts der Sexualität sollte in der sexuellen Bildung im Vordergrund stehen. Dazu gehören auch ein verantwortungsvoller Umgang mit der eigenen Sexualität, Respekt vor dem anderen, Vertrauen und Beziehungsfähigkeit. In diesem Dialog sollten Mitarbeitende auf kindliche Neugierde oder Fragen und Unsicherheiten eine Antwort haben.

Ein weiterer Aspekt ist die Jugendsprache. Berücksichtigt werden muss, dass Jugendliche eine eigene Sprechweise entwickeln und sich damit von der Sprachwelt der Erwachsenen abgrenzen. Es tauchen neue Worte in der Jugendsprache auf, meist sehr kurzlebig, die oft auch sexuelle Inhalte transportieren. Auch werden Ausdrücke anderer Sprachen genutzt. Die Erwachsenen verstehen diese Sprache nicht unbedingt.

Daher ist es für die erwachsenen pädagogischen Mitarbeitenden wichtig nachzufragen, wenn Wörter nicht verstanden oder eingeordnet werden können, um nachzuvollziehen, worüber die jungen Menschen gerade reden.

Kontakt & Info

Oliver Karcz

Oliver Karcz

Referent für jugendpastorale Großveranstaltungen und spirituelle Veranstaltungen in Jugendbildungsstätten |
Kinder- und Jugendschutz